Samstag, 8. Oktober 2022, der Wecker klingelte um halb vier. Obwohl ich gut vorbereitet und in Topform war, war ich nervöser als sonst vor großen Rennen! Ich war froh, dass ich nicht allein war, sondern Familie, Freundin und Freunde mir zur Seite standen. Fünf Toast später ging es dann auch runter an den Pier noch im Dunklen! Alles wie immer: Reifen aufpumpen, Salztabletten auf den Rahmen kleben und Radflaschen installieren. Doch die Anspannung war immer noch dieselbe. Ich konzentrierte mich auf mein Ziel, die Top 5 in der Altersklasse - Jetzt hieß es warten auf den Startschuss! Meine Altersklasse startet in der 2. Schwimmwelle hinter der starken M35-39.
SWIM
6:50 Uhr Startschuss. Ich war sicher etwas übermotiviert und startete etwas zu schnell, sodass ich mich in einer für mich zu schnellen Schwimmgruppe befand. Ich musste diese Gruppe nach etwa 1000m ziehen lassen und sortierte mich in die nächste große Gruppe ein. Nach 1h und ein paar Sekunden stieg ich aus dem Wasser, weder gut noch schlecht für
mich.
BIKE
Jetzt hieß es schnell wechseln und aufs Rad! Dies gelang mir trotz der vollen Wechselzone auch sehr gut. Auf dem Rad war es dann ungewöhnlich voll, da die M35 vor uns war. Kräfteeinsparend ging es über das Lavafeld nach Hawi, da ich wusste, dass ich erst am Berg die Chance haben würde, um mich vom Tross zu lösen. Wie geplant, konnte ich meine Werte auf dem Rückweg treten und mich von den anderen absetzen. Mit Druck in den Pedalen arbeitete ich mich nach vorne und merkte, wie es nach Kona hin immer wärmer wurde. Daher nutzte ich auch jede Verpflegungsstelle, um mich abzukühlen und auf die Mittagshitze vorzubereiten. Hochzufrieden stieg ich nach 4:42 Stunden und einem 38,4 km/h Schnitt vom Rad.
RUN
Mit einem Abstand von unter 10 Minuten auf die ersehnte Holzschale lief ich mit Zuversicht los, die Top 5 Platzierung im Marathon zuzulaufen. Ich habe beim Laufen alles gegeben, was nur möglich war. Unter enormer Hitze auf dem Highway, die nicht nur von oben, sondern auch vom Boden auf uns einschlug und mit 8 Verpflegungsstellen weniger (eine absolute Frechheit bei einem Startgeld von $1.200) hatten alle Athleten den gleichen Kampf, standhaft zu bleiben. Es war wichtiger denn je die Verpflegungsstellen in Anspruch zu nehmen und ich entschied mich jede Verpflegungsstelle im Gehen zu durchlaufen. Beim Marathon kämpfte jeder mit sich selbst und der stechenden Hitze, die deutlich schlimmer war als 2019. Mit einem Marathon in 3:05 Stunden habe ich unter diesen Bedingungen alles gegeben, was möglich war. Am Ende blieb mein Abstand auf die Schale bei 7:30 Minuten. Ich war dennoch glücklich und stolz mit einer Zeit von 8:55:23 Stunden bei diesem außergewöhnlichen Rennen ins Ziel zu laufen.
FAZIT
Auch dieses Jahr habe ich wieder festgestellt, dass Hawaii einfach etwas anderes ist, das man nicht versteht, wenn man es nicht erlebt hat. Das Rennen hält alles für einen bereit und so sehr man sich darauf vorbereitet, Hawaii ist einfach unberechenbar und nicht mit anderen Ironman vergleichbar. Kämpft man bei anderen Rennen gegen seine Gegner auf dem Feld, ist auf Hawaii das Rennen an sich und der eigene Körper der Hauptgegner. Für mich hat die Weltmeisterschaft so viele Emotionen vereint: Vorfreude, Hoffnung, Fleiß, Freundschaft, Liebe, Begeisterung, Erschöpfung, Glück & Stolz - jedoch gehörte Enttäuschung definitiv nicht dazu. Obwohl ich das Ziel, auf das ich 2 Jahre hintrainiert hatte, unter die Top 5 in meiner Altersklasse zu gelangen, dieses Jahr nicht erreicht habe, bin ich alles andere als enttäuscht. Dieses Jahr war definitiv das Rennen, in dem jeder Athlet seine eigenen Möglichkeiten messen und sein Können unter Beweis stellen konnte. Jeder der in diesem Sport zu der Spitze dazugehört, war dabei und die Leistung und Qualität des Rennens war besser als je zuvor. Ich bin mehr als stolz sagen zu können, dass ich der 25. beste Triathlet innerhalb aller Altersklassen (ohne Profis) und der 65. beste Triathlet (mit Profis) bei der Weltmeisterschaft 2022 wurde. Die Top 5 und damit auch meine lang ersehnte Schale müssen anscheinend noch ein bisschen auf mich warten.