Nach Ironman Frankfurt war ich nochmal richtig motiviert und habe 9-11 Stunden pro Woche trainiert und war auf einem mega guten Fitnesslevel. Leider habe ich mir in den USA mit Klimaanlagen oder auf dem Flug in die USA dicke Mandeln und Halsschmerzen eingefangen, sodass ich die ganze Woche nicht sicher war, ob ich das Rennen durchstehen kann. Dass ich starte, war keine Frage. Egal wie krank!
Anvisiert/geplant hatte ich ca 9:15 Std. Gesamtzeit, aber als ich am Rennmorgen mit Gliederschmerzen und Schluckbeschwerden wach wurde, war mein Plan schnell geändert: finishen.
Der Morgen vor Ort war magisch. Die Sonne in der berühmten Bucht ging auf. Alle Profis reiten sich am Eingang auf und ich hatte ein Gefühl der Dankbarkeit dieses tolle Rennen erleben zu dürfen. Dann ging es los im Wasser. Dieser Massenstart in Wellen war ein brutales geboxe. Ich habe erstmal eine Faust in die Brille bekommen, sodass ich rechts vor lauter
Druck auf der Brille nichts mehr gesehen habe. War mir egal da im Schwimmbad auch mal ein Glas beschlägt. Danach kam es ungemütlich. Wie an diesem Tag fast jeder Athlet bin
auch ich in eine Qualle geschwommen und hatte Wunden der Nesselzellen am Arm welche den ganzen Tag gebrannt haben.
Nach etwa 1.500 Metern hatte ich einen guten Rhytmus gefunden; aber gemerkt, dass ich heute vom Fitnesslevel mit der Erkältung nicht auf der Höhe bin und das ganze smart angehen muss. Ich habe mir im Wechselzelt also viel Zeit gelassen und ordentlich Vaseline aufgetragen mich verpflegt und ab aufs Rad. Hier merkte ich sofort, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich hatte keine Kraft und der linke Oberschenkelmuskel machte direkt dicht. Normalerweise ist Radfahren meine Paradedisziplin. Es dauerte ca. 45 Min., bis ich beim Radfahren einen guten Rhythmus gefunden hatte und schaffte es dann immerhin noch auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 37km/h. Die Radstrecke an sich ist zwar in der Lavawüste eher öde. Aber das Gefühl eine Autobahn für sich gesperrt zu bekommen mit dem dauerhaften Meerblick und Vulkan im Hintergrund war fantastisch. Das Radfahren machte einfach Spaß und die 4:50 Std. verflogen nach den anfänglichen Schwierigkeiten wie im Flug. Als ich aber vom Rad stieg wusste ich sofort, dass das nicht die Beine sind, die ich bei meinen anderen 6 gefinishten Ironman hatte.
Noch nie hatte ich kleinere Krämpfe beim Schwimmen oder Radfahren im Wettkampf gehabt. An dem Tag schon und das Laufen war ab dem ersten Meter ein Kampf. Der Start mit
Erkältung rechte sich: eigentlich wollte ich zwischen 4:15 Minuten pro Kilometer loslaufen und im weiteren Rennverlauf auf 4:45 abfallen, wenn es schwerer wird. Der Plan war beim Ironman Frankfurt wunderbar aufgegangen. Aber hier in Kona mit Infekt nicht. Ich musste sofort auf meinen Körper hören, wenn ich dieses Rennen zumindest beenden wollen würde. So pendelte ich mich auf 5:30 pro Kilometer ein. Eine Zeit die Lichtjahre von meinen Erwartungen entfernt war. Erst ging es ca. 12 Kilometer durch den Ort Kona und danach auf 28 Km auf den einsamen Highway mit seinen ungemütlichen Höhenmetern. Das Laufen war zwar unheimlich anstrengend und eine gewaltige Challenge für die Psyche, aber es war einfach toll. Immer wieder sagte ich mir „das ist die Ironman Weltmeisterschaft auf Hawaii. Genieß es!“ und irgendwie ging das tatsächlich.
Meine 2 Jährige Tochter Lena wollte außerdem bei KM 2, KM 12 und KM 22 und im Ziel abgeklatscht werden. Ein weiterer Grund weshalb aufgeben keine Option war. An diesem Tag konnte ich wegen des Infekts nicht wettbewerbsfähig sein, aber ich konnte das Rennen in vollen Zügen aufsaugen und seine „charmante“ Brutalität spüren. Als ich bei KM 40 zurück in die Stadt Kona einbog und den harten sonnigen schwülen Highway hinter mir lies, kamen mir Glückstränen.
Es war eine fantastische Stimmung an der Strecke. Ich klatschte unzählige Zuschauer ab und rannte mit dem breitesten Grinsen und den Augen voller Tränen über die Finishline wo
meine Frau und Tochter Lena auf mich warteten. Ich war zwar mit meiner Zeit und Platzierung nicht zufrieden, aber ich war dennoch glücklich wie nie bei einem Ironman. Dieses für Triathleten magische Rennen zu finishen, bringt ein ganz besonders Gefühl.
Ich weiß, dass es dumm war, kränkelnd an den Start zu gehen, aber nachdem was man alles in Kauf nimmt, um hier auf Hawaii starten zu können, musste ich es einfach tun und auch
wenn das Ergebnis nicht so wie erhofft war, so sind es die wundervollen Erinnerungen auf jeden Fall.
Sportlich war es das Härteste und Tollste, was ich je erleben durfte.